Agile CRM-Projektierung dank definierter Vertriebsprozesse

Von Frank Hummel

Vor der Einführung eines softwarebasierten CRM-Systems fürchten sich viele Entscheider in Unternehmen, die eben davon profitieren würden. IT klingt immer mindestens zeitaufwendig. Und Zeit ist knapp. Doch ist eine CRM-Einführung überhaupt ein IT-Projekt? Nur zu einem geringen Teil, meinen Experten. Sind die Ängste vor jenem großen Tagesgeschäft-Hemmschuh also unbegründet? Brauchen Unternehmen tatsächlich ein zeit- und kostenintensives, umfassendes Projektmanagement oder bringt auch „Learning by doing“ den gewünschten Effekt? Der folgende Beitrag zeigt auf, wie aus einer Mischung klassischer Projektmethoden und pragmatischer Vorgehensweisen schnell nachhaltige Erfolge spürbar werden.

So wie immer – die typische Ausgangssituation: Vertrieb macht der Chef, die Kundendaten verwaltet die Assistentin mit Excel oder Karteikarten. Oder: Jeder Vertriebler hat sein eigenes vertrauliches (Excel-) Reich an Kundendaten. Bestenfalls arbeiten alle akquisitorisch tätigen Mitarbeiter in der gleichen Datei.
Diese Ausgangssituationen sind typisch für viele kleine (oder auch mittelgroße) Firmen. Wann und wie oft jemand aus dem eigenen Unternehmen den Kunden kontaktiert hat, lässt sich mit ein wenig Glück aus der Suche im Kalender ableiten. Gesprächsnotizen, die eine wichtige Grundlage für künftige Vertriebserfolge sein können, verschwinden im Daten-Nirvana, Erfolgsprognosen möglicher Cross-Selling-Geschäfte eines einzelnen Bestandskunden entspringen höchstens dem Bauchgefühl des verantwortlichen Key Accounters. In der Praxis zeigt sich leider viel zu oft, dass Vertriebsprozesse wenig oder gar nicht definiert, geschweige denn gelebt werden. Dazu gesellen sich häufig noch komplexe IT-Systeme (z.B. ERP-Systeme mit „CRM-Anhängsel“), die eine systematische Vertriebsarbeit offensichtlich erschweren. Welches Potenzial in einer aktiven und zielorientierten Kundenbetreuung und -gewinnung liegt, kann auf diese Weise wohl kaum erkannt – geschweige denn anhand harter Zahlen sinnvoll bewertet werden.

Ein einfacher Ausweg
Die Fragen, die sich ein jeder Unternehmer stellen sollte, sind denkbar einfach: Soll es so weitergehen wie bisher oder ändern wir etwas daran? Kann ich den Vertrieb mit einfachen Mitteln effektiver und systematischer gestalten? Für ein aufwendiges CRM-Projekt fehlen den meisten kleinen und auch mittelgroßen Firmen oft Zeit und Geld. Durch geschickte Projekt- und Prozessorganisation geht das auch anders. Abweichend von klassischen und umfänglichen Vorgehensmodellen  (Ist-Analyse – Konzept – Umsetzung) wählen mittlerweile viele Unternehmer eine sehr pragmatische und praxisorientierte Zusammenarbeit mit ihrem Dienstleister und sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden. Im Wesentlichen geht es dabei um folgende Schritte, die je nach Kundensituation durchaus variieren können:

  1. Im Erstgespräch mit der Geschäftsleitung erörtern die externen Berater die aktuellen Herausforderungen und Richtlinien für die künftige Organisation der Vertriebsarbeit und legen diese gemeinsam fest.
  2. In einem anschließenden Workshop analysieren die Teilnehmer gemeinsam die störenden Schwachstellen in der Vertriebsorganisation und den Prozessen. Daraus werden kurz- und auch mittelfristige Ziele abgeleitet, konkretisiert und priorisiert.
  3. Aus der Rangfolge der priorisierten Ziele erarbeitet die Gruppe konkrete Maßnahmen.
  4. In einem weiteren Intensiv-Workshop diskutieren und definieren die Teilnehmer Vertriebsprozesse und IT-Systemanforderungen.
  5. Mittels einer „agilen Projektierung“ werden Prozesse und CRM-System eingeführt und regelmäßig optimiert.

Gehen Unternehmen nach diesem Modell vor, lassen sich die gemeinsam beschriebenen Prozesse schneller umsetzen. Wir machen seit Jahren die positive Erfahrung, dass die Projektlaufzeit vom Auftakt bis zur Produktivstellung in der Regel zwischen drei und sechs Wochen liegt. Die Mitarbeiter finden sich meist hoch motiviert in die neue selbst gestaltete Struktur ein – was wiederum eine wichtige Stütze für den Erfolg des künftigen CRM-Systems bildet.

Datenmanagement und Vertriebsorganisation im Fokus
Zusätzlich zu der Aufstellung der neuen Vertriebsstrukturen stehen jedoch zwei weitere Themen im Mittelpunkt der notwendigen Vorüberlegungen:

  • die Konsolidierung der vorhandenen Kundendatenbestände und
  • eine Optimierung der vertrieblichen Prozesse inkl. der Aufbauorganisation

In diesem Zusammenhang empfiehlt sich die Beantwortung folgender Fragestellungen, die den Aufwand des weiteren Projektes maßgeblich beeinflussen:

  • Sollen praxiserprobte Musterprozesse geringfügig an die unternehmenseigenen Bedürfnisse angepasst und dabei auf eine umfassende Prozessanalyse mit nachfolgender intensiver Diskussion von (vielleicht ungewollten) Veränderungen verzichtet werden?
  • Welche Aufbauorganisation leitet sich aus den Prozessen ab, wie ist die Aufgabenverteilung zwischen Vertriebler und Assistenz?
  • Suchen wir das perfekte System („eierlegende Wollmilchsau“) oder konzentrieren wir uns auf die erarbeiteten inhaltlichen Prioritäten, die mit einem mittelstandsorientierten CRM-System machbar sind?
  • Wie bewerten wir den Aufwand für eine Migration vorhandener Datenbestände, ist gegebenenfalls eine Erst-/ Neuerfassung unter Kosten-/Quali-tätsgesichtspunkten sinnvoller?

In einem Intensivworkshop diskutiert, werden diese Fragen unter Einbeziehung erfahrener Experten in der Regel schnell und klar beantwortet. Voraussetzung für den Erfolg eines solchen Workshops ist jedoch die Team-übergreifende Veränderungsbereitschaft aller betreffenden Mitarbeiter.
Sind die theoretischen Vorarbeiten getan, kann die Umsetzung der Prozesse und der dafür notwendigen IT-Unterstützung erfolgen. Wir raten unseren Kunden zu einer prozessbasierten CRM-Einführung, angelehnt an die sogenannte SCRUM-Methodik für IT-Projekte – eine sehr wirksame und zügige Vorgehensweise – mit der Unternehmen jeder Größe schnell erste Quick-Wins realisieren können. Die Prinzipien der vielfach erprobten SCRUM-Methode sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden:

  1. Transparenz: Fortschritt und Hindernisse eines Projektes werden täglich und für alle sichtbar festgehalten.
  2. Überprüfung: Produktfunktionalitäten werden in regelmäßigen Abständen geliefert und beurteilt.
  3. Anpassung: Die Anforderungen an das Produkt sind änderbar. Sie können nach jeder Lieferung neu bewertet und bei Bedarf angepasst werden.

Im Wesentlichen lassen sich die Grundsätze dieser Methode auf die im Vorfeld einer CRM-System-Einführung zu definierenden Vertriebsprozesse in Form nachstehender Thesen übertragen:

  • Anstatt lange zu theoretisieren: Konzept und Tun besser verbinden!
  • Weniger ist mehr: Liegt der Fokus auf dem Wichtigen, verringert sich die Komplexität.
  • Einer schnellen Arbeitsfähigkeit folgen schnelle Nutzeneffekte.
  • Starre Strukturen auch in Zukunft vermeiden: Regelmäßig (anfänglich in kürzeren Abständen) das System „Vertrieb“ anpassen und optimieren!

Bilanz
Eine (phasenweise) externe Begleitung und Moderation dieser Umsetzungsprozesse erweist sich in der Praxis als sehr hilfreich. Keine zweite Instanz schafft – als neutrale Stelle – die in Veränderungsprozessen auftretenden Ängste, Befindlichkeiten und Emotionen objektiv zu steuern und auszugleichen. Gewollte Vertriebsoptimierungen gelingen immer dann, wenn alle Projektteilnehmer der Einheit von Prozessen, (IT-)Systemen und vor allem den einbezogenen Mitarbeitern stets große Beachtung schenken. Befinden sich die Einflussfaktoren im Einklang miteinander, sind nachhaltige Vertriebserfolge möglich und schnell spürbar.

Frank Hummel
nach IT-Studium in Dresden 17 Jahre Organisationsleiter einer Sparkasse. Seit 2008 Geschäftsführer der Zwickauer P3N BERATUNGs GmbH. fh@p3n.de