Lernen Sie Kunden besser kennen – mit Marketing-Automatisierung

Von Alexander Reschke

Die in den letzten Jahren entwickelten Mechanismen der Marketing-Automatisierung helfen, automatisiert die Interessen Ihrer Kunden zu ermitteln und ihnen so zum passenden Zeitpunkt individuell relevante E-Mails zu senden. Somit erhöhen Sie den Umsatz Ihrer bestehenden Kunden.

Derzeit reden alle vom Social-Media-Marketing als neuem „Heilsbringer“ für das Online-Marketing. „Man könne damit die Kunden deutlich besser kennenlernen“, sagen die Berater. Dabei wird oft ein Kommunikationsmedium vergessen, das Sie heute vor dem Lesen dieses Artikels garantiert schon verwendet haben. Damit würden Sie zu den 80 Prozent der deutschen Onlinenutzer zählen, die dieses Medium laut einer ARD/ZDF-Studie 2011 mindestens einmal wöchentlich nutzen. Social-Media nutzen laut dieser Studie hingegen erst 36 Prozent.

Verbreitet unterschätzt
Dieses oft unterschätzte aber trotzdem so weit verbreitete Medium ist die E-Mail. Wir alle nutzen sie wie selbstverständlich für unsere berufliche und private Kommunikation, wir regen uns auf, wenn wir SPAM erhalten und freuen uns, wenn sich ein neuer Auftrag im Posteingang befindet. Dabei kann die E-Mail so viel mehr. Überlegen Sie sich einfach, über wie viele E-Mail-Adressen von Kunden Sie verfügen. Wahrscheinlich sind es Hunderte oder Tausende. Sie verfügen also über Hunderte oder Tausende Zugänge zu Ihren Kunden.
Ich möchte Ihnen in diesem Artikel zeigen, wie Sie dieses Potenzial mithilfe neuartiger Mechanismen für Ihr Unternehmen gezielt nutzen können, um Ihre Kunden besser kennenzulernen und im Idealfall – wie das Kosmetikunternehmen Yves Rocher – seinen Umsatz pro Kunde aus dem E-Mail-Marketing zu verdoppeln.

Relevanz als Basis
Als Erstes gilt es, eine Basis für dieses neue Denken im E-Mail-Marketing zu finden. Hierzu überlegen Sie sich einfach, warum Sie E-Mails löschen oder als SPAM markiert haben. Wahrscheinlich waren diese E-Mails für Sie weder erwartet, erhofft, erlaubt, geschweige denn nützlich. Zusammengefasst fehlte diesen E-Mails die Relevanz. Relevanz ist die Voraussetzung, um Ihre Kunden zu erreichen. Erst wenn Sie sie erreichen, können Sie mehr über ihre Bedürfnisse lernen und somit den Umsatz pro Kunde erhöhen. Dabei ist es wichtig, sich bewusst zu werden, dass nicht der Versender, sondern der Empfänger über die Relevanz einer Nachricht entscheidet. Bei einer Anzahl von x Empfängern eines Newsletters kann es also x unterschiedliche individuelle Relevanzen geben. Um die optimale Relevanz für jeden Versender zu erreichen, müssten Sie im Idealfall jedem Empfänger eine individuelle E-Mail senden.
Genau hier unterstützen Sie die neuen Mechanismen der Marketing-Automati-sierung.  Sie messen die Reaktionen Ihrer Kunden und optimieren dabei laufend das eigene Verhalten. Am Ende dieses Prozesses stehen individuelle E-Mails, die automatisiert erstellt und versendet werden. Nachfolgend möchte ich Ihnen einen Überblick geben, welche Mechanismen entwickelt wurden, um Sie bei Ihrem E-Mail-Marketing zu unterstützen.

Zur Empfangssituation passender Inhalt
Studien zeigen, dass der Inhalt einer Nachricht am relevantesten erscheint, wenn er zu dem Nutzungsszenario passt, in welchem der Empfänger die E-Mail öffnet. Demzufolge sollten Sie den Empfängern E-Mails mit geschäftlichem Hintergrund während der Arbeitszeit und E-Mails mit privatem Hintergrund außerhalb der Arbeitszeit senden. Außerdem zeigen die Studien, dass es am besten ist, wenn innerhalb des passenden Nutzungsszenarios die E-Mails in der Zeit eintreffen, in der der Empfänger abrufbereit ist. So wird vermieden, dass die E-Mail in Konkurrenz mit anderen ungelesenen E-Mails steht und erreicht, dass sie direkt nach Empfang gelesen werden kann.

Individuelle Versandzeitpunkte
Ein neuartiger Mechanismus, der Sie hierbei unterstützt, ist die Versandzeit-Optimierung. Hierbei wird von einer Marketingsoftware der Versandzeitpunkt von Newslettern individuell automatisch variiert und dabei wird gemessen, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit die Erfolgskennzahlen am höchsten sind. Sobald die Testreihe abgeschlossen ist, erhält jeder Empfänger den Newsletter genau in dem Zeitpunkt, in dem er in der Vergangenheit die besten Reaktionen zeigte.
Es wird nicht mehr ein Newsletter zum gleichen Zeitpunkt an alle Empfänger versendet, sondern der Newsletter wird dem E-Mail-Marketing-System übergeben und dieses bestimmt den individuellen Versandzeitpunkt.

Individuell bedeutsamer Inhalt
Bei der Beurteilung, ob ein Inhalt relevant ist, sind die typischen Fragen des Marketings entscheidend: Löst der Inhalt ein Problem, befriedigt er ein Bedürfnis oder stiftet er anderen individuellen Nutzen? Es gilt also nun, einen individuell bedeutsamen Inhalt zu offerieren. Diese Personalisierung kann bei größeren E-Mail-Verteilern mit vernünftigem Aufwand nur mit Hilfe von Marketing-Automatisierung erfolgen.

A-B-Tests
Der Einstieg darin gelingt über die Echtzeitoptimierung, die bereits von vielen E-Mail-Marketingsoftwares unterstützt wird. Konkret bedeutet das, dass vor dem Versand verschiedene Inhaltsblöcke mit unterschiedlichem Inhalt definiert werden. Diese Inhalte werden in das E-Mail-Marketing-System eingepflegt und für einen Test eingestellt. Das System kombiniert die Inhaltsblöcke miteinander, verschickt diese an gleich große Stichproben der Gesamtmenge und misst bei jeder Kombination die Erfolgskennzahlen. Sobald genügend vergleichbare Daten pro Stichprobe vorliegen, ermittelt das System die Kombination mit den besten Erfolgskennzahlen und versendet diese Kombina-tion als finalen Newsletter an die größere Menge restlicher Empfänger.

Automatisches nutzerbezogenes Reagieren
Die Königsdisziplin der Marketing-Automatisierung ist das „Nurturing“ im B2B beziehungsweise „Triggering“ im B2C. Nurturing bedeutet damit ein nutzerbezogenes automatisches Reagieren einer Marketingsoftware mit dem Ziel, Interessenten über einen längeren Zeitraum besser kennenzulernen und das Kaufpotenzial zu erhöhen. Diese Entwicklung soll dazu führen, dass das Verständnis über den Kunden mit jedem Kontakt innerhalb des Nurturing-Prozesses wächst. Hierbei ist festzulegen, durch welchen Auslöser der Prozess angestoßen wird, welche Inhalte dem Interessenten zugesendet werden und welches Ziel am Ende des Prozesses steht. Während des Prozess-Durchlaufs variiert die Software eigenständig die Inhalte, misst die Reaktionen auch über die E-Mail hinaus und ermittelt anhand des Vergleichs der Erfolgskennzahlen, was motivierende Faktoren des Interessenten sind. Am Ende des Prozesses kann, wenn erwünscht, der Kontakt als relevanter Lead an den Vertrieb übergeben werden und dieser erhält Zugriff auf alle gesammelten Informationen über die gemessenen Interessen, um den Kontakt gezielt individuell anzusprechen.
Das E-Mail-Marketing hat also in den letzten Jahren Mechanismen entwickelt, mit denen Sie Ihre Kunden individueller ansprechen und besser als je zuvor über ihre Bedürfnisse lernen können, um Ihre langjährig teuer aufgebauten Kundenkontakte optimal auszuschöpfen. Während heute fast jeder auf den ins Ungewisse fahrenden Zug zum Social-Media-Marketing springt, setzen Sie damit auf eine langjährig fundierte Entwicklung zur Erhöhung der Kundenloyalität und damit der Erhöhung Ihrer Umsätze.

Alexander Reschke
wirkt seit sieben Jahren im Online-Marketing und leitet heute den Portalbetreiber Pharetis GmbH in Leipzig. a.reschke@uniturm.de