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Ein Interview mit Hendrik Klein

Im Herbst 2012 äußerte sich Investment-Banker Hendrik Klein als einziger seiner sonst recht verschwiegenen Branche öffentlich zum Thema Hochfrequenz-Handel – und wurde von Wirtschaftswoche, heute-journal & Co. hofiert. Im Interview mit RockeSeller erklärt er die Hinter- und seine Beweggründe.

RS: Hat das ZDF darauf bestanden, die Rolex besonders demonstrativ in die Kamera zu halten, um damit besser Klischees zu bedienen?

Klein: Es ist eine IWC Da Vinci mit ewigem Kalender. Die habe ich mir u.a. wegen meiner Firma Da Vinci Invest AG geleistet.

 

RS: Wie kam der Kontakt zustande?

Klein: Das ZDF hat meine Assistentin Janine angerufen. Auch die Wirtschaftswoche, der Stern usw. kamen auf uns zu. Ich bin regelmäßig Sprecher in Diskussionsrunden in London, Paris, Monaco und New York. So sind die sicher auf mich aufmerksam geworden.

 

RS: High-Speed-Trading steht in der öffentlichen Gunst ja nicht gerade auf dem Siegertreppchen. Wie erklären Sie Ihren Kindern, was Sie beruflich tun?

Klein: Meine Kinder sind zwei und viereinhalb Jahre. Die würden auch Value Investing nicht verstehen. Ich erkläre es vereinfacht immer so. Ein zeitlicher Vorsprung war schon immer sehr viel wert, ob nun in der Schlacht von Waterloo mit Hilfe von Brieftauben für Rothschild beim Kauf von Kriegsanleihen oder für den Gründer von Reuters die Telegrafie.

 

RS: Also ist High-Frequency-Trading in Wirklichkeit ein Segen?

Klein: Ja, HFT trägt tatsächlich empirisch bewiesen zu effizienteren Märkten bei. Die Geld- / Briefspannen, also die Preisunterschiede werden verkleinert, die Bankenkommissionen gesenkt und das Handelsvolumen steigt, weil der Markt sofort reagiert und begradigt, idealtypisch wie im VWL-Lehrbuch.

 

RS: Und wer ist dann für die Finanzkrise verantwortlich?

Klein: Die Schuld ist immer komplex, meiner Meinung nach aber eher bei den kriminellen Immobilien- und Baufinanzierungsmaklern in Kalifornien zu suchen. Auch die Rating Agenturen sollten bestraft werden.

 

RS: Der Zweckverband unserer Heimatstadt hat mit Zinswetten vermutlich 90 Mio. verloren – was lief da schief?

Klein: Dazu müsste ich noch etwas mehr wissen, vermute aber, die haben auf Zinsdifferenzgeschäfte zweier Währungen gewettet, z.B. Kredit in Yen zu 1% aufgenommen und in US Dollar zu 6% angelegt. Dann ist der Yen 10% gestiegen und der US Dollar 10% gesunken …

 

RS: Hätten die vorher besser Sie fragen sollen?

Klein: Ja, ganz sicher.

 

RS: Was fühlen Sie, wenn Sie per Knopfdruck wieder mal Millionen verdienen während Rentenkassen die gleiche Summe verlieren?

Klein: Die Rentenkassen können gern in unseren Da Vinci K2 Tachyon Fund anlegen und nicht in riskante Zinswetten (schmunzelt). Übrigens drücken wir keine Knöpfe mehr. Der Da Vinci Invest Code ist vollständig programmiert.

 

RS: Finden Sie die öffentliche Moral-Debatte ermüdend?

Klein: Mein Anspruch an Ethik und Moral ist sehr hoch. Darüber kann ich gern Stunden diskutieren, nur sollte es sachlich bleiben und auf Fakten beruhen. Doppelmoral und falsche Moralvorstellungen sind hier fehl am Platz.

 

RS: Wie haben Ihre Branchen-Kollegen reagiert, als Sie die Mauer des Schweigens brachen?

Klein: Teilweise wurde dies sehr gut aufgenommen. Allerdings wollen die meisten unter dem Radar bleiben.

 

RS: Hat Ihnen dieser kalkulierte PR-Stunt schon mehr Kundenaufträge eingebracht?

Klein: In der ersten Stunde nach dem Beitrag waren 250 Besucher mehr auf unserer Website. 3,5 Mio. Zuschauer haben den Beitrag im ZDF gesehen.

 

RS: Würden Sie wieder mit einer unbequemen Meinung an die Öffentlichkeit gehen?

Klein: Ja, wenn ich eine kontroverse Überzeugung habe. À

 

Das Interview führte Tobias Zimmer.

Hendrik Klein
(38) handelte nach BWL-Studium bei LBBW, Frohne & Klein, gründete 2004 den Schweizer Fondsverwalter Da Vinci Invest AG. klein@davinci-invest.ch